Rekapitulation: Cartagena, Spanien
Wir waren mittlerweile 3 Tage unterwegs, als wir den Hafen von Cartagena ansteuerten. Zuerst stieg mir ein beißender Geruch in die Nase, ehe mir auffiel, was sich da vor uns auf einer kleinen Landzunge befand: eine Raffinerie.
Diese unpassenden Metallbauten äußerten eine Art Trotz gegenüber der sonst so friedlichen Landschaft, in der man Ruinen entdeckte, die im 11. Jhr. als Festungen fungierten. Wie ich kurz darauf erfahren durfte, befanden wir uns nicht nur angeblich in einem der größten Marinestützpunkte des heutigen Spanien, sondern auch in einem beliebten Industriegebiet für Erz- und Kohleabbau. Das erklärte zwar den Gestank, machte ihn aber nicht weniger störend.
Der Ort ist eigenartig. Das meine ich nicht wertend.
Die Menschen im Hafen sind zuvorkommend und grüßen auch immer höflich, aber die Menschen in der Stadt … – nicht, dass sie hätten grüßen müssen, aber irgendwie schien es, als würde ich mich mit einer Gesellschaft auseinandersetzen, deren Probleme und Ansichten sich doch sehr von den meinen unterscheidet. Ich kann es nicht genau beschreiben, es ist wie eine allgemeine Atmosphäre, in die man einfach nicht hineinpasst. Die Leute scheinen abwesend zu sein – nicht unfreundlich, aber ganz wo anders. Außerdem sieht man fast niemanden lachen. Ob das an der Jahreszeit liegt, oder die Stimmung im öffentlichen Raum einfach nicht besonders ausgelassen ist, kann ich nicht feststellen. Das war jedenfalls mein erster Eindruck auf dem Weg in die Stadt. Einige Tage später kamen sie mir dann nicht mehr so fremd vor.
Überall sieht man Häuser, von denen nur noch die runtergekommenen Fassaden stehen. Wo sich einmal das Innere des Hauses befand, sind nur noch vereinzelte Schutthaufen übrig, und man kann beobachten, wie sich die Erde wieder ihrer bemächtigt. Für mich vermittelt das eine ruhige, ungewohnte Schöhnheit. Dieser Anblick hat in seiner Unfertigkeit etwas vollkommen Selbstverständliches, als gehöre es so. Neben diesen Flächen abgerissener Häuser stehen aber wieder eindrucksvolle, intakte Bauten, die mit Ornamenten geschmückt sind. Das Ganze hat eine Ironie in sich, die es aber nicht unseriös wirken lässt, sondern eine ganz eigenartige Ästhetik ausdrückt. Abgesehen von einem, noch teils aufrecht stehenden Amphitheater sind überall in der Stadt Manifeste längst vergangener Zeiten verteilt. Diese Harmonie von Vergangenheit und Gegenwart, von Natur und Kultur berührt und beeindruckt mich.
Entlang der Stadtgrenze kommt man an einem Hügel vorbei, dessen Steine teilweise lilane und lechtende Blautöne aufweisen. Das hat mich so fasziniert, dass ich mich ein bisschen mit Mineralien und der Verwitterung von Gestein auseinandergesetzt habe. Ich vermute, dass die Felsen und Steine, die ich entdeckt habe, Dumortierit Mineralien enthalten könnten. Diese Mineralien weisen lilane, blaue und hellbraune, fast gelbliche Farbsegmente auf.[1]Da wir uns am Meer befinden, ist es naheliegend, dass diese der Salzverwitterung ausgesetzt sind. Dabei treten salzhaltige Lösungen in Hohlräume oder Spalten ein. Diese Lösungen verwandeln sich bei der Mischung mit Wasser z.B in Gips. Durch diese Entstehung wird das Ausgangsvolumen von Salz um 50% erhöht was zu einer Sprengung der Gesteins- und Mineralschichten führt.[2]Da ich keine Geologin bin, handelt es sich dabei allerdings um reine Spekulation.
[1]https://de.wikipedia.org/wiki/Dumortierit#Bildung_und_Fundorte
[2]https://www.steine-und-minerale.de/artikel.php?f=2&topic=2&ID=26&titel=Verwitterung%20von%20Gesteinen&keywords=Steine,%20verwittern,%20Mineralien