PUNTA DEL VIENTO
Wir brechen mit dem ersten Tageslicht um 0600 UTC (0700 Ortszeit) auf. Einige
Meilen ausserhalb des Hafens setzt leichter Wind ein und wir nehmen erstmals das
Windruder in Betrieb. Auch wenn alles platzmäßig sehr knapp ist, funktioniert die
Windsteueranlage auf Anhieb. Unmittelbar und direkt reagiert die Mechanik auf jede
Veränderung des Winkels zwischen Boot und Wind. In ziemlich konstanten 3 Bft und
wenig Welle haben wir eine entspannende Überfahrt.
Beim Landfall frischt der Wind dann auf gute 6 Bft auf, was uns aber nicht
unvorbereitet trifft. Schon von der Ferne ragt die Lavafelswand respekteinfößend aus dem Atlantik empor. Ihr nördliches Ende trägt den Namen Punta del Viento. Der tägliche Nordostwind wird an diesem Kap noch einmal umgelenkt und beschleunigt, ein Effekt, den ich ja schon öfter beschrieben habe. Die letzten Meilen führen der Felswand entlang einer kargen Küste. Die Gesteinsformationen schattieren in rötlichen Tönen, einige wenige Häuser ducken sich in den Hang. Der Punta de La Calera markiert das südliche Ende der Wand, dahinter beginnt die Ortschaft Puerto
de Vueltas. Viel wärmer als 24° wird es auf der Überfahrt allerdings nicht.
Auch das »Aushängen« des Windruders, also das Umstellen auf Handsteuerung
funktioniert einfacher, als ich dachte. Die Stromersparnis ist enorm.
Hinter der langen Mole machen die Fähren fest, der innere Hafen ist eng und den
Fischern vorbehalten. Wir ankern mit einigen anderen Fahrtenyachten vor dem Hafen
in einer weiten nach Südwesten offenen Bucht.Da findet sich ein norddeutscher
Zweimaster mit einem Collin Archer Riss (Kanurumpf), und einige andere Yachten,
die der Europa in Alter, Größe und Ausstattung nicht unähnlich sind. Drei sehr
kleine Boote liege auch hier, unsere Nachbarn haben eine kleine Katze an Bord. Ein
anderer allein auf einem 6-7 Meter Boot, der dritte Nachbar kommt mit dem Dinghi
aus dem Ort, rauschebärtig hebt er müde die Hand zum Gruß. Hier in dieser Buch ist
wirklich Sommer! Der Ankerplatz ist erstaunlich ruhig, das Schiff bewegt sich
kaum. Auch ist das Wasser deutlich wärmer. Während in Santa Cruz, das ja an der
Nordostseite von La Palma liegt, immer wieder Wolken an den Bergen hängen, ist
hier strahlender blauer Himmel über uns. Anzunehmenderweise dürften die Leeseiten
der Inseln deutlich wetterbegünstigt sein, haben wir doch an der Nordseite von La
Gomera auch Wolken hängen sehen.
Als alles erledigt, das Dinghi zu Wasser gelassen ist und wir gegessen haben,
beschließen wir, den Landgang morgen Vormittag zu machen. Morgen fahren wir, wenn
überhaupt, im Süden der Insel gearde mal 10 Meilen weiter zur nächsten Bucht, das
können wir machen, wann immer wir Lust dazu haben.
Die Hydraulik des mechanischen Autopilots wurde nicht mehr fertig. Hoffentlich
erbarmt sich die Firma Anfang der Woche, die Reparatur sollte nicht allzu
kompliziert sein. Solange werden wir um La Gomera und Terneriffa dümpeln, um dann
die Hydraulik, sobald sie fertig ist, in La Palma wieder abzuholen.