Tu Felix Austria
A und Ω
Nachdem Margarete “Maultasch” von Tirol fünf Jahre vor Ihrem Tod Tirol an die Habsburger übergeben und damit den Grundstein für Aufstieg der österreichisch-ungarischen Habsburgermonarchie gelegt hatte, übernahm Rudolf der Stifter, zu dieser Zeit herrschender Vertreter des Adelsgeschlechts, aus diesem Grund den Spruch “Felix Austria” in sein Siegel. Zuvor war er um die Weihnachtszeit des Jahres 1363 zu Fuß und in Begleitung nur eines einzelnen Offiziers aus dem Ennstal nach Bozen marschiert, um Margarete gegen die gierigen Tiroler Großbauern zu unterstützen, die das Land nach Gutdünken filetieren wollten, nachdem sie sowohl Mann als auch Sohn der Herzogin mutmaßlich vergiftet hatten.
“Drei, vier Tage wirst Du nach Funchal brauchen.”, hatte Rui, der Segelmacher von Ponta Delgada, begonnen, um nach einer kleinen, wohlgesetzten Pause fortzufahren: “Madeira ist ganz anders als die Azoren. Es ist viel mehr los da. Mehr Touristen. Viel mehr. Du wirst sehen. Ich bevorzuge Ponta Delgada.”
Die Bronzestatue zeigt einen schmächtigen Mann, der erfolglos versucht, in jener Art würdevoll den Arm zum Gruß zu heben, wie es seinen Vorfahren eigen war. Aus mehr als fünfhundert Metern Höhe überblickt die “Igreja de Nossa Senhora do Monte” Funchal, wie Spielzeug wirken die großen Schiffe im Hafen. Die schmalen österreichischen und ungarischen Fahnen am Gitter der Seitenkapelle im Inneren der kleinen Kirche wirken mit ihren Widmungen geradezu jämmerlich im Vergleich zu den Jahrhunderten, während derer die Habsburger nicht nur die Geschicke Europas bestimmt hatten. Während das Zentrum von Funchal am Fuße der steilen Hügel am Meer und in der Sonne liegt, nieselt es immer wieder im Stadteil “Monte”. Über dem Bergkamm hängen fast immer dunkle Wolken, Madeira verfügt über vierzehn verschiedene Mikroklimazonen, diese zählt zu den feuchtesten. Das Mauerwerk in Monte ist voller Wasser, die Fassaden von dunklen, nassen Flecken gezeichnet, es ist, als könne man die Nässe greifen. Hier heroben musste Karl I., nachdem er zurückgetreten und wenig später verbannt worden war, seine letzten Wochen verbringen. Das Geld hatte schon bald nicht mehr gereicht, um noch länger unten in einer der noblen Villen oder Hotels an der sonnenbeschienen Avenida abzusteigen. Nach wenigen Wochen fiel der letzte Kaiser einer Lungenentzündung als Folge einer schweren Erkältung zum Opfer und besiegelte so das Ende der Dynastie. Gerade einmal vier Monate hatte er in dem Nebel und Moder überlebt, vielmehr als die Erkältung aber dürfte ihn die Last seines Schicksals erschlagen haben – noch dazu an einem 1. April! Kein Scherz. Seine Rücktrittserklärung hatte er dreieinhalb Jahre zuvor, am 11. November. abgegeben, an jenem Tag als, an dem traditionell der Fasching beginnt. Auch kein Scherz.
“Nur der innere Friede kann die Wunden dieses Krieges heilen.”
lautet der letzte Satz aus eben diesem Dokument, mit er die Macht auf die vom Volk gewählte Regierung übertrug. Dabei wird dieser Satz die Zeiten überdauern, trifft er doch nicht nur auf den Ersten Weltkrieg zu. Obwohl Karl nur kurz hier gelebt hatte, kamen dreißigtausend Menschen zu seiner Beisetzung. Das muss beinahe jeder gewesen sein, der damals auf der Insel lebte.
»Madeira hat schon vor vielen Jahren erkannt, dass es wegen des gleichmäßigen Klimas das ganze Jahr über als Touristendestination taugt.«, erklärt Octávio beim Mittagessen im Il Vivaldi, von dem aus man über die Avenida do Mar auf den Hafen blickt. Spargelrisotto, Bakalau mit frischem Gemüse, Panna Cotta, das Restaurant ist bei Einheimischen beliebt. Madeira sei inneneuropäisch steuerlich begünstigt, erklärt er weiter. Die EU habe dem mit der Absicht zugestimmt, um den Arbeitsmarkt in Gang zu bringen, aber natürlich hätte das auch viele Briefkastenfirmen hierher gebracht. Octávio hat lange in England und Portugal gelebt, bevor er schließlich hierher zurückgekehrt ist. Als er während der 1990er und frühen 2000er Jahre noch als Studiomusiker tätig war, musste er viel reisen. Dank der digitalen Kommunikationsmöglichkeiten muss er heute als Komponist für Filmmusik die Insel nur noch selten aus beruflichen Gründen verlassen. Einmal sei er sogar in Wien gewesen, erinnert er sich, um als Pianist den Auftritt eines britischen Pop Sängers in der ORF Sendung VERA zu begleiten. Das müsse ungefähr 1998 gewesen sein, vermutet er. Der Hinweis, dass die Sendung noch immer läuft, entlockt ihm ein durchwegs verblüfftes “Oh”.
Funchal ist in einem sehenswerten Zustand, der öffentliche Verkehr auf der gesamten Insel mit einem dichten Busnetz hervorragend ausgebaut. Westlich des Stadtzentrums erstrecken sich große Hotelanlagen, Wohnviertel säumen die steilen Hänge. Madeira ist mehr als doppelt so dicht besiedelt wie die Azoreninsel São Miguel. Ein Bekannter von Octávio, selbst ebenfalls Segler, bleibt kurz am Tisch stehen. Mindestens einmal im Monat sei er in Ponta Delgada, noch öfter in Santa Maria, wo er ein kleines Hotel betreibt. Mit den direkten Flugverbindungen zwischen Madeira und den Azoren ist das Hin und Her zwischen den Insel längst alltäglich. Fluglinien sind allerdings das einzige, was das urbane und dem großen Tourismus zugewandte Madeira mit den entlegenen, ruralen Azoren verbindet. Die Restaurants, Cafés und Geschäfte auf der prachtvollen Avenida, die engen romantischen Gassen, in denen es viel zu entdecken gibt, verbreiten in Funchal mit ihrer Mischung aus Alt und Neu das bekannte Flair europäischen Lifestyles. Die meisten Fragen, die man stellt, werden mit einem Blick aufs Handy oder nicht selten gleich mit dem freundlichen Verweis, man solle doch im Internet nachsehen, beantwortet. Ins Gespräch kommt man so schwer, dafür findet man freilich rasch, was man sucht. Aber wer will das schon?
Auf der Webseite ist das neue Rezept für die am Sonntag entworfenen Grenzgenialen Bucatini zu finden! Darüber hinaus sind nun alle Rezepte im Menüpunkt Kombüse zu finden.