Der kühle Ostwind hat gestern Abend nachgelassen, gegen 0100 ebbten dann auch die unvermeidlichen Knallereien ab. Leise Bewegungen, gelegentliches Knarzen – eine Wolkendecke wie eine Daunendecke, feiertägliche Ruhe. Warm soll es werden über dem Kontinent in Mitteleuropa während der nächsten Tage, und hier soll gegen Wochenende langsam der Nordostwind, der die afrikanische Küste entlang weht, einsetzen. Unser Wind. Wir planen die Abfahrt für den 4. Jänner, 1000 UTC. Flut ist um 0830, zwei Stunden später sollen wir aus der Bucht fahren, sagen die Bücher – und so machen wir das auch.
Morgen Mittag bricht Kathi zum Flughafen auf, Freitag Mittag kommt Max an. Einen Großteil des Bunkerns haben wir bereits erledigt. Bei den Kartoffeln habe ich mich ein bisschen verschätzt, davon haben wir jetzt wirklich reichlich.
Zum ersten Mal haben wir auch deutlich mehr Oliven- als Motoröl an Bord, alles in allem, schätze ich, müssen es so um die 14 Liter sein. Gutes Olivenöl wird nämlich mit jeder Meile schwieriger zu bekommen sein, Vorrat ist also wichtig. Aber so sehr wir auch bunkern, wir haben noch immer leere Kästen und Fächer. Faszinierend, was auf knapp 13 Metern alles Platz hat!
Ansonsten haben wir die letzten Tage ruhig verbracht. Ausgedehnte Spaziergänge durch das unprätentiöse La Linea de la Conception, ein Kaffe hier, ein paar sündhaft gute Tapas da. Die Hydraulik des Achterstagspanners habe ich einem Service unterzogen und das Licht in der Achterkabine endlich wieder instand gesetzt. Zwei Deckenleuchten waren aufgrund eines Kabelbruchs ausgefallen, und da der Plafond verschraubt und verklebt ist, war es ein bisserl ein Geduldsspiel das neue Kabel zu verlegen. Auch die Seewasserpumpe bei der Abwasch habe ich wieder in Gang gesetzt, sie wird uns noch gute Dienste erweisen und dabei helfen, Süßwasser zu sparen, denn auch das wird ab jetzt ein Thema.
Die Neuverfilmung vom “König der Löwen” haben wir uns im alten Jahr noch angesehen und alle drei Teile von “Der Pate”, zeitloses großes Kino, mein lieber Schwan! Dabei ist mit aufgefallen, dass der “König der Löwen” im Original ja “The Lion King” heißt, und nicht “The Lion’s King”. Die sowohl sprachlich wie inhaltlich richtige Übersetzung wäre also “Der Löwen König”, Simba ist schließlich der König aller Tiere und nicht bloß der Löwen. Apropos König: Natürlich haben wir gestern die Silvester Ausgabe von “Wir sind Kaiser” gestreamt – da zeigt uns die liebe Kathi vor, wie wir aus dem alten ins Neue Jahr schreiten!
Jetzt hat es also begonnen, das Neue Jahr, das neue Jahrzehnt, eine symbolbeladene Nacht, dieses Silvester, warum betrachten wir es also nicht symbolisch? Die wechselhaften, kalten und böigen Winde, das Gegen-die-spitzen-Wellen, die turbulenten Kreuzseen, die das winterliche Meer an den mediterranen Kaps aufwirft, das alles lassen wir jetzt zurück, indem wir diese Meerenge, symbolisch wie faktisch passieren. Rückenwind ist ab nun die Devise und lange Wellen, die uns anschieben und vorwärtsbringen, und unseren Bug richten wir jetzt mal eine Zeitlang nach Süden, ruhig und mit langem Atem. Sechs Tage werden wir auf See sein, auf unserer nächsten Etappe, und es wird ein kurze sein.
Ein schönes Neues Jahr wünschen wir Euch und uns und allen!