Dieser Abschied von Aba Lewit, oder sollte ich besser sagen: Das Aufrechterhalten dieser Verbindung über den Tod hinaus – hat mich ordentlich ins Nachdenken gebracht. Die Frage nach dem Sinn und dem Auftrag dieser Begegnung spült viele Erinnerungen hoch, schöne, genauso wie unangenehme – jene, die einem die Fehler vor Augen führen, von denen nicht andere meinen, dass es Fehler gewesen wären, sondern nur man selbst. Die unverzeihlichen Fehler.
In den letzten Jahren kam es mir immer wieder so vor, als wäre jene Zeit, in der ich als durchaus erfolgreicher Kameramann tätig gewesen war, aus einem anderen Leben, als wäre sie eine andere Realität gewesen. Es war die Zeit des Schweigens, des Schauens, des Sehens und am Ende des Erkennens, des ganz privaten Erkennens freilich, ohne Anspruch auf irgendeine Gültigkeit.
Wenn wir morgen in der Dominikanischen Republik ankommen, ist es für mich bei weitem nicht das erste Mal. In Summe habe ich fast ein ganzes Jahr meines Lebens in der Dom Rep verbracht. „Klinik unter Palmen“ hatte nie auch nur ansatzweise den Anspruch von Wahrhaftigkeit erhoben. Basteiroman, pragmatisches Bedienen des Marktes, die Drehbücher zu lesen war eine Qual – aber es waren dennoch glückliche Zeiten. Und das hatte zwei Gründe: Carl Spiehs und Otto Retzer. Als ich die beiden das erste Mal in einem Kaffeehaus in Wien traf, sollte das die kürzeste Regiebesprechung meines Lebens werden: „Waß‘t eh“, sagte Spiehs, „schöne Landschaften und schöne Menschen. – Wos mogst essen?“
Der Mond ist eine hauchdünne Sichel, das Segel zieht seine Bahn durch die Milchstraße, in die unsere Mastspitze ganz weit hineinragt. Was für ein wunderbares Bild! Und dennoch ist es nicht wahr, denn der Schein der Sterne ist viele Lichtjahre alt. Was wir im Nachthimmel sehen, ist nicht jetzt. Es ist die Überlieferung einer lang vergangenen Zeit.
Der Tag schleicht sich herein, wir segeln weite Strecken, erst nachmittags schalten wir wieder den Motor zu. Anna schläft viel, liest und zeichnet. Wir sind verbunden, aber im Moment reden wir wenig. Man muss auch nicht immer reden. Im Norden entdecken wir unter den Wolken die Silhouette von Puerto Rico, dessen Südküste wir uns nun immer mehr annähern.