Wir sind bereits 2 Tage hier und liegen hier so ruhig und sicher, dass man gar nicht glauben möchte, dass es draussen unangenehm sein könnte. Nur der Blick hinauf zu den Fahnen läßt erahnen, dass der Westwind bereits gut bläst. Und da wir ja nach Westen wollen, ist das kontraproduktiv.
Die Briten sind ja grundsätzlich ein eigenbrödlerisches Volk und wer Boris Johnson wählt, ist wohl nicht ganz zurechnungsfähig – wie wohl es ja keine ernstzunehmende Alternative gab. Armes Inselvolk.
Dafür haben die Brite für alles mögliche gute Kalendersprüche auf Lager und ihr trockener Humor ist stets eine Quelle der Freude! So haben sie auch einen Leitspruch für Segler geprägt: Gentlemen don‘t go windward.
Was sie damit sagen, ist nicht etwa, dass man das Ziel oder den Kurs ändern sollte, sondern vielmehr, dass man darauf warten können muss, bis man den notwendigen Rückenwind bekommt, um sein Ziel zu erreichen. Lebensweisheit im Rang des gehobenen Kalenderspruchs.
Das Brexit Tief
Ich habe Euch ein paar Bilder von den Vorhersagen hochgeladen, um zu veranschaulichen, worum es geht. Der grüne Punkt ist Cabo de Gata, die Schlüsselstelle der nächsten Etappe.
Da oben im Norden ist ein fetzen Tiefdruckgebiet, das nach Osten zieht und an dessen Unterseite sich sehr starke Winde, Stürme, bilden.
Nicht genug damit, rasen durch dieses Sturmgebiet weitere, kleine Tiefdruckzellen, mit einem Affenzahn – und setzen beim Wind noch eins drauf.
Das Hochdruckgebiet, das eigentlich auf der Höhe der Azoren sein sollte (grün), ist unten bei den Kanaren. Gar nicht gut. Denn die bösen Tiefdruckgebiete ziehen – wahrscheinlich – über Frankreich und teilweise über Spanien Richtung Italien.
Zwischen Afrika und Gibraltar befindet sich zudem eine Düse, die von den beiden kontinentalen Landmassen gebildet wird. Macht die Sache auch nicht leichter. Düse heißt: mehr Wind.
Kalendersprüche
Wenn diese „Brexit Tiefdruckgebiete“ durch sind, bewegt sich das Hoch von den Kanaren wieder nordwärts. Das ist sehr gut. Ruhiges Wetter kehrt ein, und noch besser, wir bekommen sogar Ostwind, der an der Unterseite des Hochdruckgebietes zwischen den Landmassen nun für uns günstig verstärkt wird. Das wird ein Spaß!
Genau darauf warten wir. Das wird nach derzeitigem Stand voraussichtlich Sonntag vormittag soweit sein. Ich halte es für gut möglich, dass die Tiefs sogar ein bisschen schneller ziehen könnten. Vielleicht ist da aber der Wunsch Vater des Gedanken, um einen weiteren Kalenderspruch zu bemühen. Wir werden es sehen. Überhaupt fällt mir auf, dass ich verdächtig viele Kalendersprüche kenne. Darüber sollte ich wohl nachdenken?
Aber selbst wenn wir erst Sonntag Vormittag aufbrechen können, sind wir spätestens Dienstag Mittag in Gibraltar, also gerade rechtzeitig für Weihnachten! Oder vielleicht auch nur bis Malaga? – Es bleibt jedenfalls spannend!
… and now for something completely different!
Die Zeit rast. Ein Tag vergeht so schnell und ist so voll, auch die, wo wir im Hafen sind. Schiff warten, Wasser nachfüllen, mit Anna etwas durchgehen in Sachen Navigieren, Funk, Technik oder Fotozeug. Dann natürlich die Büroarbeit für Wien, Mails, Korrespondenzen, Anträge. Und mehrmals täglich Wetter checken und analysieren, ein bisschen Sport machen und jeden Tag systembedingt ein paar Kilometer zu Fuß gehen.
Anna hat mir erlaubt, Euch eine Skizze, an der sie gerade arbeitet, zu zeigen.