Eine unglaubliche Vollmondnacht liegt hinter uns. Ruhiges Wasser, stete Brise und wir haben viele Meilen zurückgelegt. Das Radar hat kein einziges Mal Alarm geschlagen – im Umkreis von 16 Seemeilen war also nichts.
Wir Menschen, weltweit, sind heute gleichzeitig Medienkonsumenten und Medienproduzenten. Damit sind wir Teil eines Kriegs geworden, in dem es, wie in allen Zeiten, um die Hoheit der Erzählung geht – eine Auseinandersetzung, in der heute jeder und alles gegen Jeden und Alle kämpft. Die Behauptungsversuche ihrer Deutungshoheit von „Fakten“ haben die ehemals großen Medien längst verspielt. Diese Zeiten sind vorüber. Attribute wie unabhängig oder gar objektiv erscheinen mehr als nur unangebracht.
War es früher Aufgabe der Medien, Informationen zu kontextualisieren, so muss heute der Konsument in der Lage sein, den Standpunkt des jeweiligen Mediums zu kontextualisieren. Das war eigentlich immer schon so, bloss stellte sich die Frage aus Mangel an Vielfalt von Quellen nicht in dem Maße wie heute. Diese Kontextualisierung des Standpunktes fällt dann leichter, wenn der Standpunkt des Mediums bzw. des Journalisten deklariert wird. Jede Nachricht ist Teil einer Erzählung, der Standpunkt eines einzelnen oder einer Gruppe (Redaktion).
Der Standpunkt, von dem aus wir eine Geschichte erzählen, ist naturgemäß entscheidend für die Aussage, die wir treffen, und die Emotion, die wir wecken. Im Film ist das häufig plakativ am Kamerastandpunkt festzumachen, subtil an der Farbgebung und der immer unterschätzten Tonebene, in der Literatur an der Sprachform. Einen – objektivierbar – richtigen oder falschen Standpunkt gibt es aber nicht.
Wenngleich also der Einzelne aufgrund der rapide gewachsenen Weltbevölkerung unbedeutender geworden ist, ist sein Bedeutung auf der anderen Seite durch die globale Vernetzung gestiegen. Er produziert Medien, er kontextualisiert Medienmeldungen, er erzählt seine Geschichte – oder die eines anderen. Die Anzahl der Reaktionen, die er damit kreiert, die Likes, die Follower, sind dabei nur auf den ersten Blick entscheidend und interessieren vor allem den Werbung-schaltenden Algorithmus. Substantiell von Bedeutung sind sie aber nicht. Viele der maßgeblichen Player auf dem Social Media Schlachtfeld agieren mit privaten, nicht öffentlich einsehbaren Accounts, verwenden Pseudonyme, um die eigene Identität und damit den so wichtigen Standpunkt zu verschleiern. Und auch große Medien versuchen ihre Standpunkte zu verschleiern, sie zu deklarieren wäre ein Machtverlust. All das macht es dem normalsterblichen User immer schwieriger, Informationen, Meldungen und Fakten einzuordnen. Und das ist durchaus beabsichtigt so.
Bruce Chatwin erzählt in seinen „Traumpfaden“ , dass Aborigines sagen, der Weg müsse geträumt werden, bevor er beschritten werden könne, er müsse „gesungen“ werden. Ich wage nicht zu behaupten, dass unsere Realität ausschließlich durch unsere Erzählungen entsteht, die Erzählung formt sie aber maßgeblich. Das plakativste Beispiel dafür ist Colin Powells Märchen vor dem UN Sicherheitsrat.
Es ist vier Uhr nachmittags. Der Wind hat nachgelassen und wieder etwas gegen Osten gedreht. Wir haben den Motor zugeschaltet.
Ich konnte das Druckwassersystem wieder in Gang setzen. Dazu war ich mehrere Stunden im Motorraum, wo die Pumpen sind. Tatsächlich sind der Reihe nach die Pumpen ausgefallen. Ich musste aus dem vorderen Bad, das wir zur Zeit nicht verwenden, eine Pumpe ausbauen. Die letzte, die noch funktioniert! Hoffentlich können wir das in St. Lucia alles ergänzen.
Unser Etmal war 143 Seemeilen. Das höhere Tempo und die günstige Strömung lassen in uns die stille Hoffnung wachsen, dass wir Rodney Bay doch vielleicht schon Montag erreichen. Immer wieder rechnen wir herum, auszusprechen wagen wir die Hoffnung allerdings nicht…