Durch die ITCZ sind wir nun durch. Es waren wenige Squalls. Der Wind hat deutlich nachgelassen und auch die Strömung, die uns die erste Woche so vorangebracht hat, hat aufgehört. In den letzten Stunden sind wir durch unruhiges Wasser gefahren, spürten, wie die Strömung dreht. Auch die Auswirkungen des Amazonas machten sich bemerkbar. Wir kommen langsam in den NO Passat zurück.
Ich hatte in der Nacht bemerkt, dass ich die Kühlschränke nach unserer routinemäßigen Batterieladung mit Motor nicht zurückgeschalten hatte. Daher haben sie ordentlich Strom verbraucht. Die Leichtwindzone, die ruppigen Strömungen und die Nacht nutzten wir somit für eine Motorstrecke. Hinter uns wird es nun hell, und ich werde den Motor bald wieder ausschalten. Den derzeitigen Kurs können wir bei dem wenig Wind kaum laufen – sollen wir also eher nach Osten oder nach Westen, um wieder Wind zu finden…?
Die Umstand, dass es einfache Mittel gegen das Bevölkerungswachstum gibt, macht Angst. Rechtspopulisten, die nicht davor zurückschrecken, moralische und ethische Grenzen bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit zu überschreiten, bedrohen uns massiv. Viele Menschen sehen aber genau darin auch eine Chance für das eigene Überleben. Darauf dürfte sich wohl ein großer Teil des Erfolgs solcher Demagogen zurückführen – auch bei uns.
Während die Bevölkerungszahlen in hochentwickelten Industriestaaten wie der USA mit rund 2 Kindern pro Familie stabil sind, bzw durch Zuwanderung stabil gehalten werden, wo die Reproduktion zu gering ist, steigen die Bevölkerungszahlen in Ländern der 3 Welt, in Asien und im Arabischen Raum teilweise stark. Einzig Länder wie die Ukraine mit 0,7 Kindern pro Familie und so gut wie keiner Zuwanderung sind im Begriff zu implodieren. Dass die Krim von Russland annektiert wurde, war also erst der Anfang. Müssig darauf hinzuweisen, dass das Gebiet zwischen Krim und Wolgograd (Stalingrad) mit Sicherheit zu den am stärksten mit Blut getränkten Landstriche dieses Planeten gehört.
Innerhalb der EU liegt der Durchschnitt meiner Erinnerung nach deutlich unter 2 Kinder pro Familie, mangels Internet kann ich die genauen Zahlen von hier aus nicht recherchieren. Wir brauchen aber jedenfalls Zuwanderung, um den Status Quo zu erhalten.
Die Fertigkeit der gewaltfreien Konfliktlösung könnte von unschätzbarer Bedeutung werden. Wie oft stand die Welt in den letzten 75 Jahren am Abgrund! Die Gefahr des berüchtigten Kometen nimmt sich dagegen lächerlich aus.
Aber bei allem Wahnsinn, der uns umgibt, aller Ungewissheit, der Angst und der Unsicherheit, leben wir dennoch in einer Zeit, die besser ist als alle Zeiten zuvor. Noch nie waren mehr Menschen so gut medizinisch versorgt, hatten so viele Zugang zu Bildung, noch nie waren so wenige arm und, man möchte es kaum glauben, noch nie hungerten so wenige.
Nach langer Konferenz mit Max haben wir uns entschieden, vorerst auf Kurs und ggf. etwas weiter östlich zu bleiben. Jetzt kehrt auch hier der späte Nachmittag ein. Wir kommen bei gutem Wind nur zäh voran, ein Knoten Gegenströmung macht uns langsam, dazu die Kreuzsee aus den beiden Passaten. Die Wellen rollen aus Nordost und Südost unter dem Schiff durch. Das wird, fürchte ich, noch eine Weile so bleiben, bis sich der NO Passat endgültig durchsetzt. Vielleicht hat dieser weite Übergang auch damit zu tun, dass diesmal die ITCZ nicht so klar definiert ist wie bei unserer Reise in den Süden. Wir haben ca. die Hälfte des Weges hinter uns.
Nachdem wir uns immer wieder in der Strömung verbeissen und oft nur mit gerade mal 4 Knoten oder weniger voran kommen, habe ich mich entschieden den Punkt 7•27N und 47•32W anzulaufen. Das ist ein nördlicherer Kurs, halber Wind, und wir machen zwischen 5 und 5,8 ktn über Grund. Der Punkt stammt als eine Option von der Routing Software. Dort sollten wir dann wieder langsam nach West drehen und aus der miesen Strömung raus sein. 160 Meilen bis dahin.