Und was lernen wir daraus?
Captain Cook
Habt ihr Euch schon mal gefragt, warum der wahrscheinlich bekannteste Kapitän der Weltgeschichte »Cook« heisst? Ich bezweifle, dass »Cook« tatsächlich sein bürgerlicher Name war, vielmehr vermute ich, dass über Jahrhunderte Satzzeichen verloren gegangen sind, und sich hinter dem Namen in Wahrheit der Befehl verbirgt: »Captain cook!«
‘So ein Unsinn, wer sollte denn einem Kapitän Befehle geben?’, werdet ihr denken. Aber der Kapitän ist immer der Befehlsempfänger, und glaubt mir, wenn Du Deinem Kind das Essen servierst, mühsam und liebevoll zwischen den Wellen zubereitet, und der Kommentar dazu lautet: »Und was ißt Du?«, dann weißt Du, wo der Hammer hängt.
Proviant
Dass ein Schiff einigermaßen technisch in Ordnung sein sollte, bevor man einen Ozean überqueren will, versteht sich von selbst. Die größte Herausforderung aus meiner Sicht war aber in der Tat die Verpflegungsfrage. Essen ist wichtig für die Stimmung, genauso wie für die Kraft. Frische Ware hält maximal eine Woche, gewisse Äpfel und Kartoffel ausgenommen, und oft kauft man etwas frisch auf einem Markt, und es ist bereits nach zwei Tagen hin. Auch vorgekochte Fleischgerichte halten maximal eine Woche, zumindest, so wie ich sie zubereiten kann. Nach 7 bis 8 Tagen wird es also richtig schwierig. Gute Rezepte und Kenntnisse darüber, wie und welche Lebensmittel man besonders gut lang haltbar und dennoch – gerade auch in wärmeren Gefilden und mit limitierten Kühlmöglichkeiten – halbwegs frisch halten kann, sind unerläßlich und ich muss mich dringend dahingehend weiterbilden!
Energie
Alles, was Energie spart ist gut. Ausnahmslos alles. Windsteueranlagen, Solarpanele, Wellengeneratoren – alles gute Dinge. Gesparte Energie kann fürs Kühlen von Lebensmitteln verwendet werden. Darum geht’s!
Müll
Je weniger Müll Du mitnimmst, desto weniger Müll gibt es am Ende. Wir haben einen großen Teil der Verpackung bereits an den Orten entsorgt, wo wir die Waren gekauft haben. Das wirft Fragen auf, finde ich. Muss eine Ware in Metall, Plastik und Papier verpackt werden, nur damit sie im Supermarktregal etwas gefälliger dasteht und gekauft wird? Wenn dem so ist, müssen dann wir Konsumenten unserer Konsumverhalten ändern, um dem Einhalt zu gebieten?
Ich meine, dass wir, die wir in der Regel zeitintensive Professionen mit einem Privatleben in Einklang bringen wollen, um das zu erhalten, was wir Lebensqualität nennen, das Recht haben, in einen Supermarkt gehen zu können, und zu welchem Produkt wir auch immer greifen, egal ob wir unsere Brille vergessen haben, um das Kleingedruckte zu lesen, egal ob wir Muße oder Eile haben, uns darauf verlassen können müssen, dass diese Produkte ethisch, moralisch, gesundheitlich und ökologisch absolut unbedenklich sind. Was bei dem Zuckergift für unsere Kinder im Kassenbereich beginnt, endet bei Äpfeln in Karton und Plastik.
Wasserflaschen
Wasserflaschen sind ein Problem. Manche Yachten verwenden 5L Flaschen, die ich aber sehr unhandlich finde und meist geht ein guter Teil des Inhalts auf See verschütt. Wir haben 1,5 und 2L Flaschen verwendet, aber es ist unfassbar, was sich da in 2 Wochen ansammelt. Aber – wodurch ersetzen?! Die Vorstellung, dass diese Flaschen aus Glas wären, lassen einem Skipper die Nackenhaare aufstehen.
Norwegen hat ein sehr gut funktionierendes Recyclingsystem, an dem man sich ein Beispiel nehmen kann. Aber eine nationale Regelung hilft nicht nur beim Fahrtensegeln wenig, globale oder zumindest kontinentale Lösungen werden unerläßlich sein, wenn wir das – genauso wie den Klimawandel – in den Griff bekommen wollen. Es sind globale Probleme, und der Nationalstaat taugt nicht, um sie zu lösen. Auf der anderen Seite darf das freilich keine Entschuldigung für die Nationalstaaten sein, dringende und meist überfällige Maßnahmen sofort umsetzen!
Fische essen keinen Bananen
Wir haben lang herumgetan, wie wir Müll trennen können und haben auch Wege gefunden, wobei wir das wegen beschränkten Platzes nicht so ausgefeilt wie daheim machen konnten. Organischer Müll, also Abfälle von Lebensmitteln, müssen leider ins Meer. Die italienische Küstenwache sieht selbst das nicht gern, und ihr Argument ist schlicht: Fische essen keine Bananenschalen – und darüber hinaus erklären sie natürlich genau, warum selbst vermeintlich organisch abbaubarer Abfall das Meer belastet. Am offen Ozean und bei einer so langen Überfahrt, wie wir sie gemacht haben, gibt es pragmatische Grenzen, wobei auch Temperatur und Sonneneinstrahlung eine Rolle spielen. Ein Müllsack mit gärendem Inhalt findet auf einer kleinen Yacht aber leider keinen Platz.
Die wichtigste Erfindung der christlichen Seefahrt
…ist zweifelsohne die Antirutschmatte, wie sie eigentlich in Geschirrladen oder unter Teppichen verwendet wird. Love them. Ohne sie geht in Wahrheit gar nichts. Schwupp, ein Stück von dem Gummi hin, und schon kannst Du auch in schweren Seegang kochen, am Computer arbeiten oder Backgammon spielen. Davon kann man nie genug an Bord haben!
Ein Wort in Sachen Migration
Wir haben darüber berichtet, dass wir in Spanien fast täglich Meldungen von Booten empfangen haben, die aus Marokko kommend ans spanische und damit europäische Festland wollten. Wir alle kennen die Bilder aus Lampedusa oder von den griechischen Inseln. Gerade Mitteleuropa nimmt diesen »Mixed Migration Flow« aus Einwanderern und Flüchtlingen als kulturelle Bedrohung wahr.
Ich habe auch auf dieser Reise wieder einmal einen anderen Eindruck gewonnen, wenngleich dieser manchen verblüffen mag. Die “Muslimische Bedrohung” habe ich selbst in Südspanien nicht wahrgenommen, und die Horden schmarotzender afrikanischer Einwanderer waren genauso wenig zu finden.
Von Sizilien bis Katalonien, von La Linea de La Conception über die Kanarischen Inseln, ja selbst auf den Kap Verden und hier in Brasilien haben wir aber eine Flut an »Chinos« vorgefunden, chinesischen Gemischtwarenhandlungen, wo du von Krawatte bis zur Antirutschmatte (!) alles zu billigsten Preisen bekommst. Alles. Eimer, Werkzeug, Glühbirnen, LEDs, Handyhüllen, Malstifte, Klettverschlußnad, Nietzangen, T Shirts, Leggings, Krawatten, Rucksäcke – einfach alles. Diese Läden sind super, solange man nicht genauer darüber nachdenkt.
Eine Gemeinde in Katalonien, etwas nördlich von Barcelona, hat bereits von sich aus ein Verbot neuer Chinesengeschäfte und -lokale verhängt. Und tatsächlich, wenn ich an Premià de Mar denke, fällt mir ein, dass das einzige Lokal in dem Einkaufszentrum bei der Marina ein All you can Eat – Chinese war. Auch in Tarragona waren chinesische Lokale und Geschäfte überall zu finden. Und wenn das mir auffällt, der im Chinatown von Wien lebt, dann muss doch was dran sein, oder?
Ich meine damit allerdings nicht, dass man irgendwen vertreiben oder was verbieten müsse, mir geht es lediglich um das Verhältnis der Ablehnung und der unreflektierten Ängste. Und ich sag Euch… diese Antirutschmatten vom Chinesen – einfach klasse! Und unseren Schiffsweihnachtsbaum samt Blinkveranstaltung hab ich natürlich auch von dort… Heiligel Stlohsack!
Bester Einfall
Eindeutig das Vielzweckbrett »Diogenes«, das im Cockpit als zusätzliche Ablage, Sitz- oder Schlafplatz dienen kann. Wird verfeinert.
Mother’s little helper
Die Investition in den Garmin Sat Tracker hat sich meiner Meinung nach total gelohnt. Preis / Leistung passen, Kontakt zu den Daheimgebliebenen ist im 21. Jahrhundert kein Luxus. Telefon und Datenverbindung gingen uns dabei eigentlich nicht ab, außer vielleicht beim Wunsch, ab und an die Stimme unser geliebten Frau und Mutter zu hören und natürlich bei meinem Fetisch für Wetterprognosen, aber da war:
Max
Nicht nur, dass Max uns ein wichtiger Begleiter auf der ersten Atlantiketappe nach La Palma hier an Bord war, hat er uns über Kurztextnachrichten mit allen wichtigen Wetterinfos versorgt. Das war manchmal wegen des Delays in der Kommunikation mühsam und zeitaufwendig. Vielen Dank dafür, auch hier nochmal – echter Teamgeist eines Crewmitglieds!
All Time Hero
Apropos Crewmitglied – der All-Time-Hero ist zweifelsohne der Autopilot. Arbeitet All Time – Tag und Nacht, der brave…
Unberührt
… blieb das Dinghy. Gute Liegeplätze fanden wir überall vor, abgesehen von Gibraltar, wo der Laden dicht war, und überall waren diese extrem günstig verglichen mit den mittlerweile ja horrenden Preisen in der kroatischen Adria, Lefkas oder Athen – grundsätzlich, und nicht nur wegen der Jahreszeit. Wären wir allerdings länger hier, würden wir uns wohl vor der Marina vor Anker legen, was natürlich günstiger ist. Wir könnten auch das Schiff sicher unbedenklich am Anker hier liegen lassen, aber das trau’ ich mich dann doch nicht.
Und die Angel haben wir auch drin gelassen. Wir sind zwar durch fischreiche Gewässer gefahren und hätten sie nur reinhalten müssen, aber wir hatten keine Notwendigkeit, das zu tun. Einen Fisch töten, den wir dann vielleicht nicht ganz essen können, weil er zu groß für 2 ist? – Geht gar nicht.
Dem Tod in Auge geblickt
… haben wir nicht. Eine Autofahrt von Wien nach Salzburg ist um einiges gefährlicher, denn dort sind tausende Wahnsinnige unterwegs, auf deren Handeln wir absolut keinen Einfluß haben. Und hier in Südamerika ist die Wahrscheinlichkeit, beim Autofahren mit einem Esel zu kollidieren, hunderttausendmal größer, als bei der Überfahrt mit einem Wal oder einem Container zusammenzustoßen. Beim Segeln über den Atlantik ist es so: Wenn Du in der Vorbereitung Mist gebaut hast, eine falsche Entscheidung triffst oder sonst einen Fehler machst, musst Du ihn ausbügeln, aber es liegt nahezu ausschließlich in Deiner Verantwortung und in Deiner Hand – und Du kennst Deine Optionen.