Abschied von Havanna
Am Ende war es dann viel einfacher als erwartet. Keine Quarantäne, die mich aufgehalten hätte, das Land zu verlassen. Ich habe auch nicht viel Aufhebens darum gemacht. Zoll und Emigration waren alles in allem vergleichsweise unkompliziert. Es war zwar irgendwas mit der Marina Rechnung nicht in Ordnung, aber auch das konnten wir mit vereinen Kräften klären.
Um 1445 UTC, Dreiviertelelf Ortszeit, waren die Leinen los. Ostwind mit guten 4, bisweilen 5 Bft. beschert mir auf meinem Kurs hohe Geschwindigkeiten mit 7-8 Knoten bei Wellen unter 1m. Damit hatte ich nicht gerechnet, der Taucher muss gute Arbeit gemacht haben – wobei ich allerdings auch eine extrem günstige Strömung mit mir habe. Leider ist das Log, das die Geschwindigkeit durchs Wasser anzeigt, wieder mal verlegt. Ohne diese Anzeige ist der Effekt der Strömung kaum zu errechnen. Gelegentlich rumpelt es etwas, die Strömung läuft quer zum Wind – ist ein wenig wie Kopfsteinpflaster. Wie auch immer: Es geht zügig voran.
Einzig die Sache mit dem Laderegler macht mir etwas Sorgen. Der Autopilot saugt ja bekanntlich viel Strom und die Anzeigen zum Ladezustand der Batterien stimmen sicher nicht. Der Plan ist, alle zwei Stunden den Motor zu starten und nachzusehen, wieviel Ampere Ladestrom reingehen – die Ampere Ladestrom nehmen ab, je voller die Batterien werden. Diesel habe ich reichlich für diese Passage, ich kann mir also durchaus leisten, den Motor laufen zu lassen – gerade auch nachts, wenn Radar und Beleuchtung als zusätzliche Stromabnehmer an den Batterien saugen. Ich werde alle zwei Stunden für eine Stunde die Maschine starten.
Bei diesem Tempo werde ich die Tortugas Bank früher erreichen als geplant, voraussichtlich schon rund um Mitternacht. Ich werde mir eine entsprechende Warnung installieren. In diesem Gebiet muss ich auf jeden Fall hellwach sein.
22:00 UTC — N 23°53‘ | W 82°48‘
In Wien ist Mitternacht, während hier die Sonne noch deutlich über dem Horizont steht. Durch die Sommerzeit ist der Zeitunterschied auf sechs Stunden angewachsen – hier ist es also 18:00. Ich schätze mal, dass die Sonne in eineinhalb bis zwei Stunden untergehen wird. Noch immer komme ich deutlich schneller voran, als in der Kalkulation. Rund 50 Meilen habe ich in den ersten 8 Stunden gemacht.
Die Frachtschiffrouten, die durch dieses Seegebiet laufen, scheinen sich gegen Osten aufzufächern. Das ist ein wenig unangenehm, da es somit nicht nur eine oder zwei Kurslinien gibt, auf denen sich die Frachter reihen. Der Wecker läutet also jetzt schon alle 20 Minuten, um mich an den Ausguck zu erinnern. Größer dürften die Intervalle keinesfalls sein, vielleicht reduziere ich die Abstände in der Nacht noch etwas.
Die Strategie, mit der ich dem Batterie-Durcheinander und dem fehlenden Solar Regler begegne, scheint bis jetzt zu funktionieren. Was ich aus den Anzeigen und Messungen errechnen kann, steigt der Ladezustand der Batterien, die in der Tat recht weit entladen waren.
2345 UTC 24°03‘N | 82°52‘W
Viertel vor Acht Ortszeit. Die Sonne ist gerade ins Meer gefallen. Ich habe ein wenig gerefft, um einem besseren Trim zu erhalten und habe dabei den Holepunkt des Vorsegels etwas verändert. Kaum Geschwindigkeit eingebüßt. Jetzt kommt die Nacht.