Wie im letzten Eintrag beschrieben, teilen wir unsere Fahrt auf zwei Etappen auf. Die erste führt uns vom nordamerikanischen Festland nach Bermuda, die zweite von dort auf die Azoren.
Wind und Wetter beider Abschnitte werden von signifikanten Hochdruckgebieten im Nordatlantik, so wie von Nordamerika ostwärts ziehenden Kaltfronten und dem Golfstrom bestimmt. Diese Faktoren werden nahezu alle Entscheidungen determinieren, die wir treffen werden müssen.
Das Azorenhoch
Das Azorenhoch ist der Motor für die atlantischen Passatwinde. Es handelt sich dabei um ein antizyklonales Wettersystem, die Winde drehen sich also im Uhrzeigersinn um den Kern des Hochdruckgebietes. Das Azorenhoch bewegt sich dabei ständig in alle Richtungen und die Winde an der Südseite sind gleichmäßiger als jene im Norden.
Das Bermudahoch
Ein ähnliches Hochdruckgebiet, nur nicht ganz so stabil wie jenes über den Azoren, liegt über Bermuda, dem ersten Ziel der ersten Etappe. Manchmal sind Azoren- und Bermudahoch deutlich von einander getrennt.
Kaltfronten aus dem Norden, Hurrikans im Süden
Vom nordamerikanischen Kontinent ziehen Kaltfronten in den Nordatlantik. Im Sommer sind diese naturgemäß milder und seltener, erwärmt sich doch der Kontinent. Bricht man zu früh Richtung Europa auf, ist die Gefahr sehr große, von einer solchen Kaltfront in einen veritablen Sturm verwickelt zu werden. Es empfiehlt sich daher, abzuwarten, bis das winterliche Wettermuster dem sommerlichen gewichen ist.
Die Hurrikane Season beginnt offiziell Ende Mai. Warme Luftmassen strömen in Wellen, Tropical Waves, von Afrika Richtung Brasilien. Wasser- und Lufttemperatur steigen und mit ihnen die Häufigkeit von Tropenstürmen und Hurrikans, deren Zugbahn bisweilen entlang der nordamerikanischen Küste nach Norden verläuft. Das beste Wetterfenster für diese Passage zwischen Mitte Mai und Mitte Juni.
Diese Kaltfront Systeme sind im Gegensatz zum Azorenhoch aber zyklonal, die Winde drehen sich also gegen den Uhrzeigersinn um das Tief. Wo diese Fronten auf die Passatwinde des Azorenhochs treffen, könne starke Winde entstehen, während im Inneren des Hochs Windstille herrscht. Segeln wir zu weit nördlich, laufen wir Gefahr, auf ungemütliche und starke Winde zu treffen. Bleiben wir zu weit südlich, kommen wir in ein möglicherweise riesiges Flautengebiet, was tatsächlich noch schlimmer ist.
Der 40.Breitengrad
Die nördliche Ausdehnung des Azorenhochs reicht bisweilen über 40. Breitengrad hinaus. Bermunda liegt am 32. Breitengrad. und wir müssen zusehen, dass wir nach Norden kommen, um nicht in den Doldrums, der großen und gefährlichen Flautenzone zu landen. Flaute, werdet ihr denken, wo ist da das Problem? Aber Segelschiffe sind nun mal zum Segeln gemacht und nicht für die Motorfahrt. Unsere Dieselreserven stocken wir mit Zusatzkanistern deutlich auf, aber die Distanzen sind einfach enorm.
Die Aufgabe ist also einerseits nördlich der Doldurms zu bleiben, und gleichzeitig nicht in einen nordatlantischen Starkwind zu geraten. Und dann ist da noch ein anderer alter Bekannter:
Der Golfstrom
Die Strömungen sind, Logbuchleser wissen das, ein wesentlicher Faktor und können nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch den Komfort an Bord empfindlich beeinflussen. Die Strömung, die uns auf dieser Reise beeinflusst, ist der Golfstrom. Er entsteht im Golf von Mexico, von wo aus er zuerst zwischen Florida und Kuba und in der Folge den Bahamas nordwärts strömt.
Auf der Höhe von Kap Hatteras (wir werden noch öfter davon hören), als ca. am 35. Breitengrad, beginnt er sich von der Küste zu lösen, ehe er sich schliesslich zwischen dem 38. und 40. Breitengrad endgültig gegen Osten auf die Azoren zu schlängelt.
Die Routen
Es gibt im Wesentlich drei Routen für die Passage. Die Südliche ist die direkte, gerade Route, und damit die kürzeste, aber wegen der Flautengebiete nur größtenteils unter Motor zu bewältigen und kommt daher schlichtweg nicht infrage.
Die mittlere Route führt in einem sanften Bogen auf den 38. Breitengrad, ehe sie sich nach Osten wölbt. Das ist, bei gleichmäßigen Bedingungen, die gemütlichste. Allerdings kann es auch dort passieren, dass man aufgrund der Flauten bis zu einer ganzen Woche motoren muss.
Die nördliche Route führt zuerst nach Nordosten, geht den 40. Breitengrad entlang, ehe sie knapp vor dem Ziel wieder leicht nach Ost-Süd-Ost auf die Azoren dreht. Diese Route beschreibt mit rund 1800 Meilen die weiteste Strecke, ist aber oft die schnellste – die Winde sind stärker und der Golfstrom begünstigt das Fortkommen. Im Juni und Juli ist der 40. Breitengrad gleichzeitig als die südliche Grenze definiert, bis zu der Eisberge auftreten können.
Da sich die Wetterbedingungen schneller und häufiger ändern, als auf der südlichen Passage von Ost nach West, ist eine vertrauenswürdige Vorhersage auf längstens 3-4 Tage möglich. Wie wir damit umgehen wollen, beschreibe ich nächste Woche.
Ja und dann wollen wir noch wissen, wie du dich auf die Begegnung mit Aliens und Riesenkraken im Bermudadreieck vorbereitest!