Date: 20. Dezember 2021 um 16:53:13 GMT-5
Miami International Airport
Europa, Europa
Eine entspannte und ruhige Woche konnte ich in der Tiger Point Marina verbringen viele Kleinigkeiten erledigen. Für das Service hier ist Matt zuständig.Er hat offenbar Erfahrung als Liveaboard und Fahrtensegler. Er wird das Thema der Batterien lösen, während ich weg bin, eine amerikanische Gasflasche und zusätzliche 4 Dieselkanister bestellen. Damit stockt die EUROPA ihren Treibstoffvorrat auf insgesamt 420L im Tank + 120L in Kanistern auf. Das hat einen Grund.
Die Zeichen der Zeit lassen mich den Bug wieder gen Osten richten. Die USA sind zwar interessant und in manchen Abschnitten auch wunderschön, aber sie sind teuer. Die Städte sprechen mich nicht so wahnsinnig an und die Anreise ist auch lang. Ausschlaggebend aber ist, dass Kathi aufgrund ihrer beruflichen Engagements während der kommenden (hoffentlich) Jahre in den Sommermonaten einfach keine Zeit haben wird. Gemeinsame Zeiten werden daher nur im europäischen Herbst/Winter möglich sein. Die EUROPA soll uns also als Apartment in wintertauglichen Gefilden dienen, die mir – zumindest gelegentlich – ein bisschen Blauwassersegeln ermöglichen. So sehr mich also der Norden immer fasziniert hat, eignet er sich dafür nicht.
Ich werde Mai/Juni die EUROPA mit Zwischenstop auf den Bermudas auf die Azoren und damit zurück nach Europa bringen. Das Archipel taugt auch für einen Urlaub mit Kathi, leistbare Liegeplätze gubt es auch. Von dort werden wir dann eher wieder in den Süden bummeln – über Madeira auf die Kanarischen Inseln, welche wintertauglich sind, und Törns in verschiedenen Schwierigkeitsgraden ermöglichen.
Die Atlantiküberquerung Richtung Osten ist um einiges trickreicher, als die Passatroute in den Westen. Es gilt einerseits nicht zu weit südlich zu kommen, wo Flautenzonen herrschen, und anderseits nicht zu weit in den Norden, wo zwar günstige Strömungen, aber auch Stürme häufig sind. Da die südlichere Route also im Zweifelsfall die sicherere ist, habe ich mich entschieden, zusätzlich Diesel an Bord zu nehmen. Mit den dann 540 Litern können wir 6 Tage in Reisegeschwindigkeit unter Motor fahren. Das ist ggf. die gesamte Strecke auf die Bermudas, bzw. die Hälfte Bermudas – Azoren und sollte uns die notwendigen Reserven geben.
Der gestrige Abend beschenkte mich noch mit einem unglaublichen Sunset und wohltuender Stille. So ruhig die letzten Tage waren, so stürmisch wurde es um Mitternacht. Der Wind frischte auf 25 Knoten auf und die Temperatur fiel um 13 Grad. Entsprechend herausfordernd war es, das Schiff in dem engen Creek bei dem vielen Wind zum Kran zu manövrieren. Aber viele Fender und einige helfende Hände machten es schlussendlich gut möglich. Geschlafen hatte ich allerdings nicht sehr viel in der Nacht…
Kontinentaleuropa hatten wir am 3. Jänner 2020 von Gilbraltar aus verlassen. Wenig später überrollte Corona den Erdball. Dann war es die Deltavariante, nun bestimmt Omikron das Reisen. In Europa, so scheinen sich alle einig, ist ein weiterer Lockdown kaum vermeidbar. Meine Sorge gilt unserem Kinostart Ende Jänner.
Im Zuge der Reisen in diesen letzten beiden Corona Jahren sind wir in viele Länder gekommen, die die Krise sehr unterschiedlich handhaben. Eine Patentlösung gibt es augenscheinlich nicht. Zu sehr hängen die Gefahren, die von dem Virus ausgehen, mit der Beschaffenheit eines Landes zusammen – Bevölkerungsdichte, Technisierung, Geographie und soziale Lage der Bevölkerung, Gesundheitssystem. So sehr jeder Einzelne, jede Kommune, jedes Land gefordert sind, so sehr werden wir Corona nur als Weltgemeinschaft überwinden. Was das eigentlich bedeutet, darüber haben wir uns noch viel zu wenig Gedanken gemacht. Vielleicht sind wir Individuen auch gar nicht imstande, das zu begreifen. Vielleicht reicht auch unser kollektives Bewusstsein nicht aus.
Zwei ganze Stunden brauche ich vom Aussteigen aus dem Inlandsflug bis zum Abschluss des Checkin, weiter Fußmarsch inklusive. Maskenpflicht herrscht natürlich am Airport, und ich sehe viele, die mit der Maske zwar ihren Mund, aber nicht ihre Nase bedecken. Faszinierend eigentlich. Auch habe ich ein deutsches Ehepaar auf Amelia Island kennengelernt, nette Leute eigentlich, die irgendwann im Gespräch über dies und das in einem Nebensatz meinten, in Deutschland ginge es nun wegen Corona beinahe schon wieder so zu, wie zwischen 1933 und 45. Wie wohl ich darauf gewiesen habe, dass dieser Vergleich doch etwas deplatziert ist, habe ich die Diskussion nicht geführt, freundlich gegrüsst und die physische Distanz gesucht. Das hat kurz für Irritation gesorgt, aber Emotionen draussen gehalten.
So, das war es für 2021 mit dem Logbuch. Ich wünsche Euch allen einen Guten Rutsch, Frohe Weihnachten, Hanukkah oder was auch immer und fürs kommende Jahr immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel! Mögt ihr auf gute Winde treffen und günstige Strömungen vorfinden, möge Eure Anker gut halten, die Buchten geschützt ind Nächte sternenklar sein!
[Noch ne kleine Notiz für mich: Rd 250 Liter muss ich tanken und den Diesel absaugen vor dem nächsten Motorstart!]
Fabian,
schön geschrieben, interessante Gedanken, tolle Erfahrung gemacht.
Liebe Grüße,
H.